29.5.2018
TMT
> Technologie, Medien und elektronische Kommunikationen

Neue Regeln über Geoblocking-Verbot

Gehören Sie zu den Verbrauchern, die mittels Online-Shopping größere Auswahl und bessere Preisen finden oder auf diese Weise etwa Zeit sparen wollen? Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Sie, nachdem Sie bei einem ausländischen Anbieter endlich den gewünschten Artikel zu einem guten Preis gefunden haben, schon mal auf eine unangenehme Überraschung gestoßen sind: Der Anbieter liefert nicht nach Slowenien bzw. Sie können die Waren nicht bezahlen, da ihre Zahlungskarte in Slowenien ausgestellt wurde.

Warum, fragen wir uns, besteht denn nicht der europäische Binnenmarkt? Das Problem liegt darin, dass es sich nicht um unmittelbare verwaltungstechnische Schranken handelt, sondern um verschiedene Hindernisse, die die Anbieter selbst errichten. Die Anbieter, die in einem bestimmten Mitgliedsstaat tätig sind, verweigern oder beschränken den Zugang zu ihren Webseiten für Kunden aus anderen Mitgliedstaaten oder wenden unterschiedliche allgemeine Geschäftsbedingungen für Kunden aus anderen Mitgliedstaaten an. Solche Handlungen sind ein Teil des sogenannten Geoblockings.

Nach Angaben des Europäischen Parlaments haben 2017 57 % der EU-Bürger etwas online gekauft. Dieser Prozentsatz erhöht sich, wenn wir nur Internetnutzer berücksichtigen; 68 % der Internetnutzer kauften 2017 online ein. Sogar ein Drittel der Online-Shopper kaufte bei einem Händler in einem anderen EU-Staat ein. Eine Studie der Europäischen Kommission hat 2015 gezeigt, dass nur 37 % der Webseiten den grenzübergreifenden Käufern eigentlich ermöglichen, zum letzten Schritt des Kaufs zu gelangen (bevor sie die Zahlungsdaten eingeben). Für slowenische Käufer ist die Frustration noch größer; wenn Händler Beschränkungen für Käufer aus anderen EU-Staaten einsetzen, sind gerade die slowenischen Käufer – vielleicht aufgrund der geringen Größe und damit geringerer Attraktivität des Markts – in den allermeisten Fällen unter denjenigen, die den Beschränkungen unterliegen.

Ende Februar haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union eine Verordnung (Verordnung (EU) 2018/302) angenommen, mit der bezweckt wird, ungerechtfertigtes Geoblocking und Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden zu verhindern. Die Verordnung wird am 3. Dezember 2018 in Kraft treten, gleich zu Beginn des größten Einkaufsbummels im Jahr.

Die Verordnung bringt jedenfalls gute Nachrichten für die Verbraucher, jedoch nicht so gute, als es auf den ersten Blick erscheint. Nämlich, die Verordnung verbietet nicht Geoblocking im allgemein, da es berücksichtigt wird, dass Händler einen berechtigten Grund haben können, warum sie in andere Länder nicht verkaufen wollen. Es bestehen immer noch unterschiedliche Vorschriften in den EU-Mitgliedstaaten, vor allem im Bereich des Verbraucherschutzes, der Sprachanforderungen, der Produktkennzeichnung und Ähnliches. Deswegen ist die Einhaltung der Vorschriften in allen 28 EU-Mitgliedstaaten ein komplizierter und teurer Prozess, der nicht einfach den Händlern aufgebürdet werden kann.

Die Verordnung hat bestimmte Situationen definiert, in denen es keinen berechtigten Grund für unterschiedliche Behandlung der Käufer aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten gibt. So verbietet die Verordnung Geoblocking in drei bestimmten Fällen, und zwar wenn der Kunde anstrebt:

  • Waren zu kaufen. In diesem Fall besteht eine wichtige Einschränkung, dass der Händler nicht verpflichtet ist, die Waren in das Land, wo der Käufer seinen Wohnsitz oder Niederlassung hat, zu liefern, wenn er sonst nicht nach diesem Land liefert. Das bedeutet, der Käufer kann zwar die Waren kaufen, er muss aber selbst den Transport bis zum gewünschten Standort organisieren, also es besteht immer noch die vorherige tatsächliche Barriere für den Kauf der Waren. In solchen Fällen können die Käufer die Dienstleistungen der Anbieter, die im Namen des Käufers die Waren in einem Land übernehmen und sie an dem Käufer in ein anderes Land senden, benutzen.
  • elektronisch erbrachte Dienstleistungen zu beziehen (z. B. Cloud-Dienste). Eine Ausnahme gibt es für Dienstleistungen, die den Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen ermöglichen. Das Geoblocking-Verbot gilt z. B. auch nicht für die Erbringung von Dienstleistungen wie Netflix, Prime Video und ähnliche, und auch nicht für die Übertragungen von Sportveranstaltungen. Weiterhin sind noch einige andere Dienstleistungen, wie z. B. Finanzdienstleistungen, Glücksspiele und andere, ausgeschlossen.
  • andere als elektronisch erbrachte Dienstleistungen von einem Anbieter an einem physischen Standort im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, in dem der Anbieter tätig ist, zu erhalten (z. B. Hoteldienstleistungen, Autovermittlung).

Die genannten Geoblocking-Verbote werden sowohl für die Verbraucher als auch für die Unternehmen, die Waren und Dienstleistungen für ihren Eigenbedarf kaufen werden, gelten (das Letzte werden die Händler vor allem aufgrund der Mengen und der wiederholten Einkäufe kontrollieren können). Die Verordnung verpflichtet die Händler nicht dazu, Waren oder Dienstleistungen zu verkaufen, und beschränkt nicht die Möglichkeiten der Preisdifferenzierung für verschiedene Kundengruppen oder für verschiedene Gebiete. Sie verbietet aber die Diskriminierung der Kunden aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung in den oben genannten Situationen.

Die Verordnung verbietet den Händlern auch die Sperrung und die Zugangsbeschränkung zu ihrer Website aus Gründen der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden, und Weiterleitung zu anderen Versionen ihrer Website, es sei denn, der Kunde hat einer solchen Weiterleitung ausdrücklich zugestimmt. Das bedeutet, dass die Händler mehrere für Kunden aus verschiedenen Ländern bestimmte Versionen der Website behalten werden können und die Kunden das Recht haben werden, irgendwelche von diesen Versionen für die Durchführung ihres online Kaufs zu wählen.

Auch die Bestimmung der Verordnung, die die Diskriminierung im Zusammenhang mit den Zahlungen verbietet, wird bedeutend zur Einschränkung des Geoblockings beitragen. Der Händler wird selbst entscheiden können, welche Zahlungsmittel er akzeptieren wird, z. B. ob er die Zahlungskarte einer Marke oder Kategorie akzeptieren wird. Sobald er solche Entscheidung macht, wird er die Zahlung nicht z. B. davon abhängig machen können, dass solches Zahlungsmittel im bestimmten Mitgliedstaat ausgestellt wurde.

Auf der anderen Seite bedeuten die Bestimmungen der Verordnung natürlich auch, dass die slowenischen Händler ihre online Tür etwa breiter öffnen werden müssen und die Verbote und Beschränkungen, die die Verordnung im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Käufern festlegt, berücksichtigen werden müssen. Die Verordnung wird aber keine Anwendung finden, wenn es sich um rein inländische Sachverhalte in einem Mitgliedstaat handelt, wenn sich der Vorgang in allen relevanten Aspekten auf einen einzelnen Mitgliedstaat beschränkt.

Die Verordnung beseitigt also nicht das Geoblocking im allgemein, sie stellt jedoch ein wichtiger Schritt in diese Richtung dar. Der europäische Gesetzgeber ist sich der Beschränkungen der Verordnung bewusst, deswegen wird mit der Verordnung auch vorgesehen, dass die Europäische Kommission regelmäßig die Auswirkungen der Verordnung verfolgen wird und gegebenenfalls ihre Änderungen vorschlagen wird. Bereits bei der ersten Bewertung im Jahr 2020 sollte sie besonders erwägen, ob diese Verordnung auch für elektronisch erbrachte Dienstleistungen für den Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen gelten sollte.