31.8.2018
KONK
> Wettbewerbsrecht

(Un)Zulässigkeit der Preisdiskriminierung

Zahlreiche Unternehmen wurden bereits mit der Frage konfrontiert, ob es rechtlich zulässig ist, ihre Kunden zu diskriminieren und ihnen Produkte unter unterschiedlichen Bedingungen bzw. zu verschiedenen Preisen anzubieten. Die Wirtschaftsakteure, die auf dem Markt Geschäfte mit Verbrauchern abwickeln, sind sich bestimmt bewusst, dass es sich um einen Bereich handelt, der besonderer Aufmerksamkeit bedarf, und dass ein Unternehmen durch (Preis)Diskriminierung beim Verkauf zu den Verbrauchern schnell eine Verletzung der Verbraucherschutzregelungen begegnen kann. Was ist aber mit Geschäftsbetrieben, die auf dem Markt mit anderen Wirtschaftsakteuren Geschäfte abwickeln und in die so genannten B2B (Engl. business to business) Transaktionen vornehmen?

In B2B Transaktionen haben die Wirtschaftsakteure wesentlich größere Freiheit bei der Entscheidung, ob sie mit einem bestimmten Partner überhaupt eine Geschäftsbeziehung eingehen werden oder nicht, und wenn ja, unter welchen Bedingungen. Bei solchen Transaktionen haben die Unternehmen in der Regel das Recht, eigenständig auch darüber zu entscheiden, unter welche Bedingungen und zu welchem Preis sie bereit sind, ein bestimmtes Produkt an ihre Kunden zu verkaufen. Dabei sind sie nicht verpflichtet, die Ware an den Kunden zu demselben Preis zu verkaufen. Preisdiskriminierung kann verschiedene Formen annehmen. Der Verkäufer kann bestimmten Kunden die Ware zu einem niedrigeren Preis als den anderen anbieten, er kann bestimmten Kunden auch zusätzliche Rabatte auf die „regelmäßigen“ Preisen oder günstigere Zahlungsbedingungen anbieten. Sind die Käufer gegenseitig Wettbewerber, bedeutet das, dass solche Preisdiskriminierung durch den Verkäufer den Wettbewerb zwischen den Käufern beeinflusst (diese haben entweder höhere Produktionskosten wegen höheren Einkaufskosten oder wenn es sich um Unternehmen handelt, die im Verkauf tätig sind, erzielt der Käufer niedrigere Margen beim Verkauf der Ware, wenn er wettbewerbsfähige Preise bewahren will im Vergleich zu seinem Wettbewerber, der die Ware zu niedrigeren Preisen kauft. Außerdem kann der Verkäufer seinen Käufern die so genannten Exklusivrabatten anbieten – das heißt, Rabatte, wenn der Käufer den ganzen oder einen wesentlichen Teil der Produkte beim Verkäufer kauft. Solche Rabatte können die Ausgrenzung der Gesellschaften, die die gleichen Produkte verkaufen als das Unternehmen, das Rabatte für Exklusivität garantiert, verursachen.

In Bezug auf Wettbewerb kann also Preisdiskriminierung den Wettbewerb verursachen zwischen den Unternehmen, die auf den Märkten tätig sind, die in einem vertikalen Verhältnis mit dem Markt sind, auf dem das Preisdiskriminierung ausführende Unternehmen tätig ist. Die Regeln des Wettbewerbsschutzes berühren nicht solche Praktiken auf dem Markt, wenn das Unternehmen, das diskriminierende Praxis ausübt, keine beherrschende Stellung hat. Sobald das Unternehmen eine beherrschende Stellung auf dem Markt hat, kann solche Handlung umstritten und folglich auch verboten sein.

Wann hat ein Unternehmen beherrschende Stellung

Das Gesetz über die Vermeidung der Beschränkung des Wettbewerbs bestimmt, dass ein Unternehmen beherrschende Stellung auf dem Markt hat, wenn es in erheblichem Umfang unabhängig von den Wettbewerbern, Kunden und Verbrauchern handeln kann. Bei den Analyse, ob ein Unternehmen beherrschende Stellung auf dem Markt hat, werden vor allem Marktanteil, Finanzierungsmöglichkeiten, rechtliche und tatsächliche Zutrittsschranken, Zugang zu den Lieferanten oder zum Markt und existierender oder potenzieller Wettbewerb beachtet. Das Gesetz stellt eine Vermutung auf, dass das Unternehmen beherrschende Stellung hat („beherrschendes Unternehmen“), wenn sein Marktanteil auf slowenischem Markt 40% überschreitet (wobei diese Grenze nicht absolut ist und in jedem einzelnen Fall die potenzielle beherrschende Stellung des Unternehmens geschätzt wird).

Sind die Praktiken der Preisdiskriminierung erlaubt für beherrschende Unternehmen?

Obwohl die beherrschende Stellung eines Unternehmens auf dem Markt an sich nicht verboten ist, gelten für ein beherrschendes Unternehmen Beschränkungen beim Zugang zum Markt. In Bezug auf Preispraktiken galt in der Vergangenheit ein grundsätzliches Verbot der Diskriminierung zwischen vergleichbaren Kunden des beherrschenden Unternehmens, die solche Kunden im Wettbewerb benachteiligen würde. Die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union weicht aber vom formalistischen Ansatz ab und legt größere Betonung auf die Analyse der wettbewerbswidrigen Wirkungen der umstrittenen Handlung auch in Bezug auf solche Diskriminierung. Verschiedene Bonusprogramme und Rabatte sind nämlich ein Bestandteil der normalen kommerziellen Umgebung. Deswegen handelt es sich um ein verbotener Missbrauch nur, wenn es wahrscheinlich ist, dass solche Programme oder Preisdiskriminierung eine negative Auswirkung auf den Wettbewerb haben würden.

In der kürzlich veröffentlichten Entscheidung vom April 2018 (Rechtssache MEO) hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union mit einem Fall befasst, wo das beherrschende Unternehmen unterschiedliche Tarife in Geschäften mit seinen Kunden angewandt hat, so dass im Rahmen des Großhandels gleichzeitig drei verschiedene Tarife angewandt wurden (den Anbietern der zahlbaren Dienstleistungen der Übertragung des Fernsehsignals und dessen Inhalts wurde dieselbe Dienstleistung zu drei unterschiedlichen Tarifen verrechnet). Der Vorwurf gegen das beherrschende Unternehmen war, dass es unterschiedliche Bedingungen anwendet, wobei es den Wettbewerb auf dem Markt verfälscht, wo der Kunde, der einen (höheren) Tarif bezahlt, tätig ist, und deswegen den Kunden im Wettbewerb benachteiligt im Vergleich zu solche seine Wettbewerber, denen ein niedriger Tarif verrechnet wird.

Der Gerichtshof der EU hat entschieden, dass diskriminierende Anwendung des Tarifs an sich keinen Missbrauch der beherrschenden Stellung darstellt, da nicht jeder Wettbewerbsnachteil wegen Preisdiskriminierung unbedingt auch wettbewerbswidrige Wirkungen und damit Missbrauch der beherrschenden Stellung bedeutet. Deswegen muss in jedem einzelnen Fall festgestellt werden, ob im Fall, wo das Unternehmen mit beherrschender Stellung für nachgelagerte Handelspartner diskriminierende Preise anwendet, solche Handlung zur Verfälschung des Wettbewerbs führen kann. Dies wird, unter anderem, mit der Analyse festgestellt, ob die diskriminierende Praxis die Kosten, Gewinne und andere Interesse des betroffenen Unternehmens beeinflusst hat, wobei es im Wettbewerb benachteiligt hat, was folglich zur Verfälschung des Wettbewerbs zwischen Handelspartnern geführt hat. Wenn diskriminierend verrechnete Ware/Dienstleistung als Kosten keinen wesentlichen Prozent in den Gesamtkosten des betroffenen Unternehmens darstellt, wenn sie keinen wesentlichen Einfluss auf die Gewinne hatte und das Unternehmen eine bestimmte Verhandlungsmacht im Verhältnis zum beherrschenden Unternehmen hatte, ist es unwahrscheinlich, dass die diskriminierende Praxis des Unternehmens als Missbrauch angesehen würde. Wenn aber wahrscheinlich gezeigt wird, dass diskriminierende Handlung des Unternehmens auf dem Markt, wo seine Handelspartner tätig sind, Beschränkung bzw. Verfälschung des Wettbewerbs verursacht hat, stellt die Handlung des beherrschenden Unternehmens einen verbotenen Missbrauch der beherrschenden Stellung dar. Die Analyse, ob es sich um einen Missbrauch der beherrschenden Stellung handelt oder nicht, wird also in den meisten Fällen anspruchsvoll.

Sanktionen für den Fall des Missbrauchs der beherrschenden Stellung

Wir raten den beherrschenden Unternehmen, die wettbewerbsrechtliche Kohärenz ihrer Rabatt- bzw. Bonusprogramme bzw. diskriminierende Preispolitiken zu überprüfen. Mit diesen Programmen bzw. Politiken können sie den Wettbewerb beschränken oder verfälschen entweder auf dem Markt, wo das dominante Unternehmen selbst tätig ist (z. B. bei Rabatten für Exklusivität) oder auf den Märkten, wo seine Kunden bzw. Lieferanten tätig sind. Die Verletzungen der Regelungen im Bereich des Wettbewerbsschutzes setzt nämlich das Unternehmen schweren Sanktionen aus. Die Behörde für Wettbewerbsschutz als die Behörde für Verstöße kann das Unternehmen, das einen Missbrauch der beherrschenden Stellung begegnet, mit einer Geldbuße in Höhe von 10% des jährlichen Umsatzes des Unternehmens im vorherigen Geschäftsjahr bestrafen, wobei die Strafe für die verantwortliche Person des Unterhemmens von 5.000 bis 10.000 EUR beträgt (in bestimmten Fällen kann diese Geldbuße für verantwortliche Person auf 30.000 EUR erhöht werden). Der Missbrauch der beherrschenden Stellung kann auch eine Straftat darstellen, für die eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren vorgeschrieben wird, wobei für solche Straftat auch die juristische Person gestraft werden kann (mit einer Geldstrafe von mindestens 50.000 EUR oder zum maximalen Betrag des zweihundertfachen verursachten Schadens oder unrechtmäßigen Vermögensvorteils, verschafft durch die Straftat).

Die Personen bzw. Unternehmen, die wegen der verbotenen Handlung des beherrschenden Unternehmens Schaden erleiden, haben das Recht auf Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen das beherrschende Unternehmen, das den Missbrauch begegnet hat. Damit wird das beherrschende Unternehmen auch Zivilsanktionen ausgesetzt. Auch unter Berücksichtigung aller oben genannten Tatsachen raten wir den Unternehmen zur Vorsicht bei der Formulierung der Preispolitiken.