14.1.2019
ARBEIT
> Arbeitsrecht

Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Im November 2018 hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in den Rechtssachen C-619/16 und C-684/16 Urteile erlassen, in denen er entschieden hat, dass der Arbeitnehmer das erhaltene Recht auf bezahlten Jahresurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht automatisch verlieren kann, nur weil er keinen Urlaubsantrag gestellt hat. Der Arbeitnehmer verliert nur dann das Recht auf bezahlten Jahresurlaub und finanzielle Vergütung, wenn er tatsächlich die Möglichkeit hatte, Jahresurlaub zu nehmen.

Die Entscheidung des EuGH ist wichtig, da sie sich auch direkt auf die Rechte der slowenischen Arbeitnehmer auf Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaubs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auswirkt. Wie aus den Urteilen in den genannten Fällen hervorgeht, gilt nach EU-Recht das Recht auf bezahlten Jahresurlaub als das soziale Grundrecht der Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 31 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Auch das Recht auf Jahresurlaub nach slowenischem Arbeitsrecht ist gemäß der Europäischen Rechtsverordnung auszulegen, wobei das Gleiche für das Recht auf Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaub gilt.

Der Anspruch auf Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaub ist in Artikel 164 des Arbeitsverhältnisgesetzes (ZDR‑1) geregelt, der vorsieht, dass der Arbeitnehmer nicht auf das Recht auf Jahresurlaub verzichten kann und dass die Vereinbarung, in der der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber eine Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaub vereinbaren würden, ungültig ist. Die einzige Ausnahme bilden Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde und also eine solche Vereinbarung ausnahmsweise zulässig ist.

Die geltende Rechtsprechung der slowenischen Gerichte hat betont, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaubs hat, wenn er nach Ablauf des Arbeitsvertrags aus objektiven Gründen keinen Jahresurlaub nehmen konnte. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichts der Republik Slowenien ist es in diesem Zusammenhang entscheidend, ob der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, sein Recht auf Jahresurlaub auszuüben oder ob er diese Möglichkeit aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse verloren hat. Daher wurde verlangt, dass der Arbeitnehmer den Grund, weshalb er vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Jahresurlaub nehmen konnte, nicht vorhersehen konnte. Nach der Rechtsprechung der slowenischen Gerichte hatte der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaubs, wenn er vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses z.B. wegen Krankheit abwesend war.

In den vorgenannten Urteilen hat der EuGH jedoch über die Frage zur Vorabentscheidung der deutschen Gerichte entschieden, und zwar, ob das EU-Recht den nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die den Verlust von nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub und Vergütung für diesen Urlaub vorsehen, wenn der Arbeitnehmer vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Urlaubsantrag stellt.

Da das Recht auf bezahlten Jahresurlaub ein soziales Grundrecht des Arbeitnehmers ist, wie vorstehend erläutert, hat der EuGH in diesem Zusammenhang entschieden, dass das EU-Recht der Regelung entgegensteht, nach der der Arbeitnehmer automatisch das Recht auf bezahlten Jahresurlaub und damit auch das Recht auf finanzielle Vergütung für nicht genommenen Urlaub verliert, nur weil er vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Urlaub beantragt hat. Gemäß der Position des EuGH erlöschen diese Rechte nur, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ordnungsgemäß darüber informiert wurde und tatsächlich rechtzeitig Jahresurlaub nehmen konnte. Die diesbezügliche Beweislast trägt der Arbeitgeber.

In beiden Urteilen betonte der EuGH ferner, dass der Arbeitnehmer als die schwächere Partei im Arbeitsverhältnis anzusehen sei, weshalb es notwendig sei zu verhindern, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit habe, seine Rechte einzuschränken. Insbesondere könnte der Arbeitnehmer aufgrund dieser Schwachstelle davon abgehalten werden, seine Rechte gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich geltend zu machen, da er dadurch möglicherweise den Maßnahmen des Arbeitgebers ausgesetzt gewesen wäre, die das Arbeitsverhältnis in einer für ihn nachteiligen Weise beeinflussen könnten.

Unabhängig davon betonte der CJEU jedoch, dass der Arbeitnehmer das Recht auf bezahlten Jahresurlaub und Vergütung verliert, wenn er tatsächlich die Möglichkeit hatte, Jahresurlaub zu nehmen. In der Praxis bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer das Recht auf bezahlten Jahresurlaub bewusst nicht ausgeübt hat, in voller Kenntnis der Folgen einer solchen Nichtausübung, obwohl ihm der Arbeitgeber die Ausübung des bezahlten Jahresurlaubs ermöglicht hat. Nur in diesem Fall steht das EU-Recht nicht der Regelung entgegen, nach der der Arbeitnehmer das Recht auf bezahlten Jahresurlaub und damit auch auf finanzielle Vergütung verliert.

Dementsprechend empfehlen wir den Arbeitgebern, den Status der (nicht) genommenen Jahresurlaubstage ihrer Arbeitnehmer zu überwachen und insbesondere diejenigen, die bei ihnen auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge beschäftigt sind, darauf zu fordern, den noch nicht genommenen Jahresurlaub noch vor dem Ablauf des Arbeitsverhältnisses auszunutzen. Gleiches gilt für diejenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis aufgrund der bereits erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Kündigungsfrist endet. In diesem Zusammenhang ist es entscheidend, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer tatsächlich die Ausnutzung des Jahresurlaubs ermöglicht, andernfalls ist er verpflichtet, ihm eine Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaubs zu zahlen.